Kameltour im Sinai

Erfahrungen auf einer Kameltour in der Wüste Sinai

Schon in den allerersten Minuten - auf jeder Reise wieder -  während ich die ersten Schritte auf dem Rücken des Kamels mache, bin ich überwältigt von der unbeschreiblichen Schönheit, der Farbenpracht, der Weite und vor allem von der Stille, die uns umgibt.
                                                  
Wenn wir dann auf dem weiteren Weg durch die großartige Landschaft reiten, hören wir, fast wie über einen Verstärker vor riesiger Kulisse, das uns fremde Geplauder der jungen Beduinen, die in diesem Urlaub unsere Kamele führen und die in den nächsten zehn Tagen für unser Wohl  sorgen werden. Ohne ihnen große Aufmerksamkeit zu widmen höre ich dennoch den arabischen Lauten zu und frage mich, was es denn angesichts dieser prächtigen Gesteinsformationen und in dieser Hitze ununterbrochen zu erzählen gibt. Da wir es aber nicht verstehen und es sich äußerst freundschaftlich und wohlwollend anhört, wird die Stille nicht unterbrochen sondern im Gegenteil, uns wird bewusst: es sind nur wir hier und es geht uns gut.

In den Mittagspausen, wenn die Beduinen das Gemüse putzen, Holz sammeln und die Vorbereitungen für unser Mittagessen treffen, während wir uns im Schatten auf einer Decke ausruhen, hören unsere Ohren das Summen der Fliegen, manchmal lästig, doch auch hier wird uns eher die Stille hinter den Geräuschen bewusst und wir tauchen ein ...

Nirgendwo erleben wir das Einssein von Mensch und Natur so vollkommen harmonisch und ohne besonderen Aufwand wie auf unseren Kameltouren.

Ich will einige Beispiele dafür geben, wie wir aus einem anfänglichen Gefühl der Unsicherheit und Aufgeregtheit in einen Zustand des stillen Friedens finden und wie unterwegs aus der Beschränkung auf das Wesentliche ein Bewusstsein für die uns umgebende Fülle werden kann. Unsere Sinne stellen sich auf  „Feinabstimmung“ ein:

                                                    
Für die Ohren erscheint auf dem Hintergrund der Stille ein Flugzeugbrummen hoch oben am Himmel wie ein Gruß aus einer anderen Welt. Die Nase ist erfüllt vom Duft der fremden Kräuter oder des Holzfeuers. Die Augen sind in der Nacht geblendet vom Licht der Sterne und am Tag von den leuchtenden Farben des Sandes und den bunten Felsen – gelb, blau, lila, ocker, weiß.                                                     

 

Das Sonnenlicht lässt nicht nur die Formen und Farben der Felsen in ungekannter Pracht erstrahlen, sondern fühlt sich auch auf unserer Haut gut an: immer warm und angenehm! Und so verlieren wir allmählich unsere Angst vor Kälte, Wind und Regen, die uns Nordeuropäern so tief unter der Haut sitzt und bei dem kleinsten Wölkchen hervorkommt! Die Sonne hier meint es nur gut mit uns. Und der Vollständigkeit halber seien auch die Gaumenfreuden für unsere Geschmacksnerven erwähnt: frisch gebackenes, warmes Brot und zuckersüßer heißer Beduinentee, gereicht mit Datteln oder in Salzlake eingelegten Oliven, sind ein unvergleichlicher Schmaus.                    

Der Rücken, der Po, die Füße - Körperteile, die hier beansprucht und gefordert sind, haben sich schnell angepasst und werden den Anforderungen nicht nur gerecht, sondern gesunden und geben uns das Gefühl, unser Körper sei leicht und wandle froh auf lichten Pfaden.

Diese Erfahrung führt uns zu einem Wohlgefühl und zu einer wachen Trägheit, die uns öffnet für eine Achtsamkeit auch über unsere körperliche Befindlichkeit hinaus.
       
Mein Grundgefühl befindet sich auf einer Skala von eins bis zehn auf der allerhöchsten Stufe: zehn! Alle Angst, zum Beispiel vor Schlangen, Skorpionen, Sonnenstich, Durst oder auch den Eigentümlichkeiten meiner mir bisher unbekannten Mitreisenden hat sich gelegt. Im Gegenteil: ich erlebe, wie sich einschränkende Gedanken in meinem Kopf formen wollen, wie sich Besorgnisse und Kümmernisse einschleichen wollen und sogleich wird mir bewusst, dass sie sich auflösen lassen in der Gewissheit, völlig umsorgt und sicher zu sein. Wenn ich die eine oder andere dieser Sorgen den Gruppenteilnehmern gegenüber äußere, fällt mir immer wieder auf, dass sich hier, wo es wirklich keine Ablenkungen gibt, im Außen ganz besonders der Spiegel meines inneren Gewahrseins zeigt. „Das ist der Grund, weshalb du glauben kannst, was kein anderer für wahr hält“ (Ein Satz aus dem Kurs in Wundern). Ich akzeptiere, was ist und fühle mich mit mir und meinem Leben im Einklang.

Dieses Erleben lässt mich eine tiefe Dankbarkeit und Furchtlosigkeit spüren. Es stellt sich eine unbändige Freude und Freiheit ein, ein Gefühl von Einssein und Verbundenheit, ein tiefer Innerer Frieden und die Gewissheit, innen wie außen sicher geführt zu sein.                                                                                       

 

 

 

 

 

geisler@wuestenmeditation.de